Dieter Homann erzählt

Dieter Homann - Oldendorfer Kindheitserinnerungen

Der frühere Archidiakonathof, Hof Nr.1 war in der Bevölkerung allgemein als“ Försterhof“ bekannt und gehörte der Familie Ebeling. Die heutige Adresse lautet Schulstraße Nr. 3

D Homann 3Der Försterhof von der Rückseite im Oktober 1985 - Eigene Aufnahme -

Wie viele Haushalte in Oldendorf hatten wir auch mehrere Haustiere. Es wurden zwei Schweine gefüttert. Eines wurde durch den Hausschlachter Tölke aus Benstorf, für den Eigenbedarf verarbeitet und das zweite an den hiesigen Schlachter Mund verkauft. Zwei Milchziegen, man nannte sie damals auch die Kuh des kleinen Mannes, sowie mehrere Hühner, Enten und Kaninchen wurden ebenfalls gehalten und natürlich gehörte eine Haus- und Hofkatze noch mit dazu. Gemüse, Kartoffeln, Beeren und Obst wurden im eigenen Garten angebaut, geerntet, eingemacht und winterfest aufbewahrt. Somit waren wir fast 'Selbstversorger'. Nur wenige Dinge wurden zugekauft. Auch die Kleidung wurde größten Teils selbst hergestellt.

Doch nun zu den 'Försterhof' Erinnerungen:

Meine Oma sagte:“Wir müssen mit den Ziegen zum 'Bocke', damit wir zu Ostern kleine  'Hippel' (Ziegenlämmer) zum Schlachten haben und die Ziegen wieder ordentlich Milch geben. Das war besonders wichtig, denn aus der Milch wurde eine schmackhafte Ziegenbutter hergestellt. Ich habe noch den Geschmack der herrlichen Ziegen-Buttermilch mit einem Schuß Himbeersaft auf der Zunge. - Das nur so nebenher.

Die Ziegen wurden also an einen Strick gebunden und meine Oma, meine Mutter und ich zogen mit  den Ziegen die Hube runter, dann ging es über die kaum befahrene Bundesstraße, Richtung 'Försterhof' zum Ziegenbock.

D Homann 1Der Ziegenbock lebte in einer Holzhütte am Weg zum jetzigen Sportplatz. Die Hütte war außerhalb des Dorfes, denn der Ziegenbock stank fürchterlich. Er war der Gemeindeziegenbock und beglückte die Ziegen der Orte Oldendorf, Ahrenfeld und Benstorf. Besitzer des Ziegenbockes war Otto Schumann, den man auch 'Esel-Schumann' nannte, da er immer mit einem Eselgefährt unterwegs war. Otto Schumann fütterte und mistete den Stall und hatte damit auch noch eine Einahmequelle nebenher. Nach getaner Arbeit des Bockes gingen wir dann den gleichen Weg wieder zurück nach Hause. Meine Oma und Mutter schon in Vorfreude auf den kommenden Nachwuchs.

 

 

Nach dem Krieg herrschte eine große Spatzenplage. Es wurde aufgerufen die Spatzen zu dezimieren. Das interessierte mich natürlich sehr. Da kam mir ein genialer Einfall. Wir hatten auf dem Hof einen Drahtkäfig, in dem das Futter für die Hühner und Enten stand. Ich führte eine Schnur von unserem Holzschuppen zum Käfig, zog diesen ein klein wenig hoch und schon waren die Spatzen unter dem Käfig an der Futterquelle der Enten und Hühner. Saßen genügend Spatzen dort am Futter, ließ ich die Schnur schnell los und die Spatzen waren gefangen. Weiterhin wurden die Spatzennester, sie hatten unter jedem Dach Unmengen an Nestern, ausgenommen und die getöteten Spatzen brachten wir dann zum 'Försterhof' zum Gemeinderechnungsführer Theodor (Spitznahme Tetjen)  Höhne. Für jeden überbrachten Spatz gab es eine Prämie von 10 Pfennig. Unheimlich viel Geld für uns zur damaligen Zeit. Die Spatzen entsorgte Herr Höhne auf dem Misthaufen, wo die Katzen schon auf die Mahlzeit lauerten. Es ging dann das Gerücht um, dass einige 'Spatzenfänger' diese vom Misthaufen geholt hätten und nochmals kassierten.  Ob es der Wahrheit entsprach weiß ich nicht. Das 'Spatzengeld' sparte ich ganz eisern.

Es gab einen Grund dafür, denn zwei Mal in der Woche kam ein älterer Herr namens Klingenberg mit dem Fahrrad nach Oldendorf. Er stand immer an dem Kriegerdenkmal an der Bundestraße 1, Kreuzung Osterwald und verkaufte kleine Heftchen. Die da hießen 'Nick Knatterton', 'Zorro' und die von mir heiß begehrten 'Tarzan' Hefte. Hier setzte ich dann mein kleines Vermögen in 'Tarzan' Hefte um.

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An diesem Dreieck am Kriegerdenkmal verkaufte Herr Klingenberg seine Hefte

Im heute leerstehenden 'Försterhof' wohnten damals viele Leute: Höhne, Ahrens, Friedemann, Pülm, Schumann, Sperling, Nolte , Wotzny. (teils mit Kindern oder alleinstehend). Herr Wozny betrieb in den Stallungen des 'Försterhofs' einen Schrotthandel. Wenn mein Vater genug Eisen, Aluminium, Kupfer und Messing gesammelt hatte, brachten wir das Altmetall zum Schrotthändler Wotzny. Dieser bezahlte zum Beispiel für ein Kilo Kupfer den 'Spitzenpreis' von 2 DM. Das war damals sehr viel Geld.

Ich bin, wie man so schön sagt: Ein 'Waschechter Oldendorfer' und wurde 1944 'Auf der Hube' im Haus Nr. 125 (heute Haus Nr. 4) in Oldendorf geboren und wohne auch noch heute 'Auf der Hube' in einem Haus welches meine Eltern mit mir und meiner Oma  Anfang  der 1960er Jahre bezogen. Meine Erinnerungen sind aus den 1950er Jahren.

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Eigene Aufnahme vom Försterhof im Oktober 1985. Rechts der Försterhof, Hof Nr. 1, links der Thiedausche Hof Nr. 2

Anmerkung zu einigen Comicheften die Herr Klingenberg am Kriegerdenkmal unter anderem verkaufte und bei den Kindern und Jugendlichen sehr begehrt waren:

Tarzan-Comics

In Deutschland und Österreich erschienen die Comics von September 1952 bis September 1958 im Mondial Verlag (später übernommen vom Pabel Verlag) sowie von November 1959 bis September 1961 im Lehning Verlag als Kleinband bzw. Großband. - In Deutschland war ein Tarzan-Comic 1954 das erste Objekt, über das von der neu gegründeten Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften verhandelt wurde; eine Indizierung fand nicht statt. Die bekanntesten Zeichner von Tarzan-Comics waren Hal Foster (auch bekannt durch Prince Valiant, dt.Prinz Eisenherz) und Burne Hogarth.

 Nick Knatterton, der Detektiv mit der karierten Mütze und Jacke, war eine zwischen 1950 und 1959 in der deutschen Illustrierten Quick und zusätzlich  als kleine Heftchen, erscheinende Comicserie mit der Hauptfigur eines Meisterdetektivs gleichen Namens.

 Zorro - El Bravo ist eine italienische Comicserie, die 1952 von dem Comicautor Gian Giacomo Dalmasso  und dem Zeichner Franco Bignotti entwickelt wurde. Die Geschichte um den maskierten Rächer El Bravo, der den Schwachen zur Seite steht, entstand in Anlehnung an die Gestalt des Zorro.

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